• Ladet eure Sorgen bei Gott ab, denn er sorgt für euch.

     

     

    Petrus 5,7

Du bist wertvoll/15.11.2014

Die meisten von uns sind bereits seit Jahren oder sogar seit Jahrzehnten Christen. Die Gefahr ist groß, dass wir denken: Es gibt nichts Neues, was wir noch lernen könnten. Wir wissen bereits alles, was wichtig ist. Wissen wir wirklich alles? Wenn wir uns diesen Satz in seiner Tragweite bewusst machen, wird uns sofort klar, dass dem nicht so ist. Unser Wissen, das wir auf der Erde erlangen können, ist und bleibt Stückwerk. Die Frage ist, wieviel von diesem Stückwerk haben wir wirklich begriffen. Begreifen schließt in diesem Fall die Umsetzung mit ein. Wir wissen tatsächlich einiges. Wie sieht es allerdings mit unserem Lebensstil aus? Setzen wir die Dinge um, die wir begriffen haben oder bleiben wir an dem Punkt des Begreifens stehen, weil uns die Umsetzung aus irgendwelchen Gründen zu schwierig oder nicht wichtig erscheint?

Wir sind uns einig darin, dass die Bibel das Wort Gottes ist. Wir sind uns auch darin einig, dass seine Worte an uns Menschen gerichtet sind. Warum tat er dies? Habt ihr euch darüber einmal Gedanken gemacht? Er tat dies, weil er wollte, dass wir ihn kennen lernen. Er wollte, dass wir verstehen, wie er ist, wie er uns sieht und wie sehr er uns liebt. Er wollte, dass wir begreifen, wie wichtig und wertvoll wir für ihn sind. Er wollte, dass wir eine Vorstellung davon haben, wie er sich die Beziehung zu uns Menschen vorgestellt hat. Er wollte, dass wir erkennen, dass unser Leben einen Sinn hat und er einen Plan mit uns hat.

In vielen Begebenheiten wird deutlich, dass Jesus eine besondere Liebe zu den Menschen hatte. Er hat niemanden abgewiesen, der zu ihm kam. Er hat sich jedem zugewandt und ihn und seine Anliegen ernst genommen. Er kümmerte sich liebevoll um jeden. Es gab dennoch Menschen, die sich in seiner Gegenwart eher unwohl gefühlt haben. Das waren die Pharisäer und Schriftgelehrten. Ihnen war die Lehre Jesu zuwider. Sie glaubten nicht, dass Jesus der Sohn Gottes war. Für sie war Jesus ein Unruhestifter, der ihren Lebensstil und ihren Stand in der Gemeinschaft der Juden in Frage gestellt hat. Sie versuchten immer wieder, ihm eine Falle zu stellen, um ihn damit bloß stellen zu können. Am Ende waren sie selbst die Bloßgestellten. Sie wollten Jesus überlisten und die Menschen davon überzeugen, dass er ein Scharlatan ist, hinter dessen Worten nur heiße Luft war. Am Ende wurde deutlich, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten diejenigen waren, die ihren Worten kaum Taten folgen ließen. Dies machte sie so wütend, dass sie ihn nicht nur töten wollten, sondern dies auch taten.

Ich habe mich gefragt, ob wir im Reden und Handeln Jesu den Pharisäern und Schriftgelehrten gegenüber ebenfalls die Liebe Gottes zu den Menschen erkennen können. Was wir auf jeden Fall sagen können ist:

•    Er hat die Skeptiker seiner Zeit ernst genommen und sich mit ihnen auseinandergesetzt. Er hat ihnen sehr genau zugehört, er hat sogar in ihr Herz geschaut und kannte somit ihre Haltung. Daher gab er ihnen klare und eindeutige Antwor-ten. Er hat sie nicht in Unwissenheit darüber gelassen, wie er sie sieht und was an ihrem Denken und Handeln kritikwürdig ist. Ich behaupte: Das ist Liebe.

•    Durch seine Kritik hatten die Pharisäer und Schriftgelehrten die Möglichkeit, die  Worte Jesu zu überdenken und sich ihm zuzuwenden. Er hat ihnen den Weg Gottes aufgezeigt. Somit hatten sie die Wahl. Ich behaupte: Das ist Liebe.

•    Jesus hat seine Worte sehr bewusst gewählt und hat niemand persönlich angegriffen. Ich behaupte: Das ist Liebe.

Eine sehr arrogante und lieblose Haltung wäre gewesen, sich von ihnen abzuwenden und ihnen die kalte Schulter zu zeigen. Die Botschaft, die Jesus damit vermittelt hätte, wäre gewesen: Ihr seid es mir nicht wert, dass ich mich mit euch unterhalte. Ebenfalls lieblos wäre gewesen, die Pharisäer und Schriftgelehrten persönlich zu beleidigen.

Was war das Problem der Pharisäer und Schriftgelehrten? Warum waren sie nicht dankbar für die Worte Jesu? Warum waren sie nicht froh, dass ihnen Jesus offenbart hat, wo sie verkehrt lagen? Warum erfolgte keine Veränderung in ihrem Lebensstil? Warum waren sie stattdessen wütend auf Jesus? Vielleicht hilft uns bei der Beantwortung dieser Fragen die Überlegung, wie es uns ergeht, wenn jemand einen wunden Punkt oder eine kritikwürdige Seite an uns offenlegt. Wollen wir damit konfrontiert werden? Seien wir doch ehrlich: Das gefällt uns nicht. Es ist unangenehm, wenn jemand kommt, der unseren Lebensstil in Frage stellt, der uns in Frage stellt. Wir wollen nicht, dass jemand wagt zu sagen: „Das geht so nicht! Das ist nicht mit einem christlichen Lebensstil vereinbar.“ Wie reagieren wir darauf? Wir wollen das Bild, das wir von uns haben, gern aufrechterhalten. Wir wollen keine Veränderungen. Hinzu kommt: Wahrheit tut weh. Es ist schmerzhaft, mit Dingen konfrontiert zu werden, die wir gern viel positiver sehen wollen als sie sind. Wir wollen uns nicht damit auseinandersetzen, weil wir noch nicht dazu bereit sind. Stattdessen sind wir ärgerlich. Wir sind ärgerlich auf uns, weil wir diese Seiten in uns haben und sie nicht aufgeben können oder nicht aufgeben wollen. Wir sind vielleicht auch ärgerlich auf uns, weil es uns nicht gelungen ist, diese Seiten in uns im Verborgenen zu halten. Vielleicht fühlen wir uns entblößt und gedemütigt, weil unsere Fassade zu bröckeln beginnt. Wir wissen, der andere hat Recht, aber wir wollen lieber eine schöne Fassade als uns mit unserem Inneren befassen zu müssen. Stattdessen sind wir ärgerlich auf den anderen, weil er es gewagt hat, diese Dinge anzusprechen. 

Dies zeigt: Konfrontieren wir andere mit Kritik, müssen wir damit rechnen, dass sich der andere angegriffen fühlt und dieser zu einem Verteidigungsschlag ausholt. Das ist das Risiko, das wir eingehen, wenn wir anderen gegenüber kritisch sind. Wir müssen damit rechnen, weil auch bei uns Alarmglocken angehen, wenn sich jemand uns gegenüber kritisch äußert. Auch wir gehen eher in eine Verteidigungshaltung als in Ruhe zu prüfen, ob bzw. inwieweit der andere mit seiner Kritik Recht haben könnte.

Was tun? Paulus fordert uns auf, andere zurechtzuweisen, wenn sie einen sündhaften Weg einschlagen. Sollen wir dieser Aufforderung folgen und negative Resonanz riskieren oder lieber den Mund halten um des Lieben-Frieden-Willens?

Vielleicht hilft es uns, wenn wir uns anschauen, wie Jesus mit den negativen Reaktionen umgegangen ist. Wir lesen nichts davon, dass diese ihn irritiert, verunsichert oder eingeschüchtert haben. Es steht auch nichts davon, dass er Angst hatte oder wegen der Ablehnung verzweifelt war. Letztendlich blieb seine Haltung klar und eindeutig. Warum konnte er so klar und eindeutig sein? Jesus war sich seiner Identität bewusst. Er wusste: Ich bin der Sohn Gottes. Ich bin der geliebte Sohn Gottes. Zudem war er in ständigem Kontakt mit seinem Vater. Seine Beziehung zu ihm war intakt und von Liebe geprägt. Diese Liebe, die er jeden Tag, jede Stunde, jede Minute seines Lebens in sich spürte, half ihm, die Dinge zu tun, die er tat. Er tat sie nicht aus seiner menschlichen Kraft heraus, sondern aus der Kraft des Heiligen Geistes heraus, die er bei seiner Taufe erhielt. Gott war somit die Quelle seiner Kraft und Liebe. Durch sie war es ihm möglich, jeden Menschen zu lieben. Durch sie war es ihm auch möglich, die zu lieben, die ihn tot sehen wollten und ihn schließlich auch töteten. Am Kreuz bat er sogar um die Vergebung derer, die seinen Tod wollten.

Woraus schöpfen wir die Kraft für unser Leben? Was ist unsere Quelle? Woran orientieren wir uns? Ist es Gott? Vertrauen wir darauf, dass er uns hilft, uns zur Seite steht, uns durch schwierige Situationen hindurchträgt? Lassen wir ihn an unserem Alltag teilhaben? Haben wir ihm unser Leben tatsächlich ganz übergeben?

Die Frage allerdings, die am Wichtigsten ist, ist folgende: Wodurch oder durch wen identifizieren wir uns? Wer gibt uns unsere Identität? Jesus weiß, wer er ist. Er weiß: Ich bin der geliebte Sohn Gottes. Das gibt ihm Sicherheit, Zuversicht und Vertrauen. Das ist sein Halt in seinem Leben. Jesus weiß sich geliebt und wertgeschätzt. Er weiß, er ist nicht allein. Er weiß, mein Vater ist mit mir, wohin ich auch zu gehen habe.

Welches Bild haben wir von uns? Wer bestimmt das Bild, das wir von uns haben? Von was machen wir dieses Bild abhängig? Woher erhalten wir unsere Identität?

Aus dem Schöpfungsbericht wissen wir: Gott schuf Adam und Eva nach seinem Bild, und er sah, dass es sehr gut war. Adam und Eva hatten dieses Bild in sich. Sie wussten, wer sie waren, woher sie kamen, was sie zu tun hatten. Das Wichtigste war aber: Sie wussten sich von Gott geliebt und wertgeschätzt. Sie wussten: Gott, ihr Vater, ist für sie da. Sie erlebten dies jeden Tag aufs Neue.

Nach dem Sündenfall hat sich dieses Bild verändert. Sie spürten, wie ihr Ungehorsam alles veränderte, wie sich die Sünde zwischen sie und Gott schob. Sie spürten, ihr Ungehorsam trennte sie von Gott. Sie waren verunsichert und schämten sich. Sie wussten, dass ihre Stellung vor Gott nun anders war. Ihre Beziehung zu ihm war gestört. Adam und Eva wollten, als sie ungehorsam waren, etwas Großartiges erleben. Sie wollten auf einmal mehr als das, was ihnen ihr bisheriges Leben geboten hatte. Sie waren neugierig, wissbegierig. Vielleicht waren sie auch nur naiv, denn sie vertrauten den Worten Satans. Sie vertrauten Satan, dem sie das erste Mal begegneten, mehr als Gott. Dieses Vertrauen in den Vater der Lüge kostete sie die Beziehung zu Gott. Das war nicht das, was sie sich erwartet hatten. Ihr Bild von sich war nun nicht mehr positiv, dessen waren sie sich bewusst.

Die gute Nachricht ist: Gott sieht uns im Licht seiner Liebe. Er sieht uns so, wie er uns geschaffen hat. Das ist möglich, weil Jesus sein Blut für uns und unsere Schuld vergossen hat. Er hat unsere Beziehung zu Gott wiederhergestellt. Uns ist vergeben. Gott sieht uns also so, wie er zu Beginn Adam und Eva sah. Wir sind nach seinem Bild geschaffen. Was sehen wir, wenn wir uns ansehen? Sehen wir uns so, wie Gott uns sieht? Wie sieht uns Gott?

Betrachten wir dazu die Bibelstelle aus Lukas 15:

Jesus war wieder einmal mit Zöllnern und Sündern zusammen und aß mit ihnen. Dies tat er des Öfteren. Ich habe mich gefragt, warum die Zöllner ausdrücklich benannt wurden. Die Zöllner waren zurzeit Jesu sehr unbeliebte Leute, weil sie sich durch ihre Arbeit, die sie für die Feinde der Juden ausübten, an ihrem Volk bereicherten. Interessant ist, dass ein Jünger Jesu, Matthäus, ein Zöllner ist. Matthäus wird nur bei seiner Berufung in Mt. 9,9 einzeln benannt. Ansonsten gibt es nur noch vier weitere Bibelstellen, in denen sein Name zusammen mit weiteren Jüngern auftaucht. Gehen wir einmal davon aus, dass Matthäus in Jerusalem lebte und seine früheren Kollegen gut kannte. Vielleicht war er das Verbindungsglied zwischen Jesus und den Zöllnern. Vielleicht war Matthäus derjenige, der seine Kollegen immer wieder zum Essen einlud, wenn er in der Stadt war, damit sie Jesus kennen lernen konnten. Sie kamen und hörten Jesus zu. Auffallend ist, dass dies die Pharisäer und Schriftgelehrten mitbekommen hatten. Anscheinend war es ein größeres Zusammenkommen. Die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten über das Treffen von Jesus mit den Zöllnern und Sündern. Wie reagiert Jesus? Er erzählt drei Gleichnisse: Das Gleichnis vom verlorenem Schaf, das Gleichnis vom verlorenen Groschen und das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Was haben diese Gleich-nisse gemeinsam? Jeder der vorkommenden Personen hat etwas verloren. Ein Mensch hat ein Schaf seiner 100 Schafe verloren, eine Frau einen ihrer zehn Silbergroschen und der Vater einen seiner Söhne. Was tun sie? Sie gehen auf die Suche.

Der Mensch sagt nicht: „Ich habe ja noch 99 Schafe, damit will ich zufrieden sein! Es ist zwar blöd, dass das eine weg ist, aber da kann man nichts machen.“ Der Mensch macht sich auf die Suche. Er sucht so lange, bis er es gefunden hat. Seine Freude ist groß und in seiner Freude geht er zu seinen Freunden und Nachbarn und teilt ihnen diese frohe Nachricht mit.    

Die Frau sucht ebenfalls im ganzen Haus nach dem einen Silbergroschen. Sie ist nicht damit zufrieden, noch neun Silbergroschen zu besitzen. Nach ihrem Fund ist ihre Freude groß und sie teilt dies den Freundinnen und Nachbarinnen mit.

Was zeigt uns das? Den Personen ist das, was sie verloren haben, sehr wichtig. Sie lassen alles andere stehen und liegen und machen sich auf die Suche. Ihre Suche dauert so lange an, bis sie fündig geworden sind. Sie geben nicht auf. Sie setzen sich mit all ihrer Kraft für die Suche ein. Ihre Suche wird zum Wichtigsten in ihrem Leben und ihre Freude ist groß, als sie ihren Fund endlich in der Hand halten. Dann sagt Jesus:

7 Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über "einen" Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

10 So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.

Der Vater im Gleichnis des verlorenen Sohnes geht nicht auf die Suche. Wo sollte er auch suchen? Sein Sohn konnte überall sein. Aber eins tut sein Vater. Er hält jeden Tag Ausschau nach seinem Sohn. Er hat die Hoffnung auf die Rückkehr sei-nes Sohnes nicht aufgegeben. Er wartet – jeden Tag aufs Neue. Wir wissen nicht, wie lange der Vater auf die Rückkehr seines Sohnes warten musste. Es könnten aber einige Monate vergangen sein, da der Sohn sicher einige Zeit benötigte, um das Vermögen zu verprassen. Und weil der Vater Ausschau hält nach seinem Sohn, sieht er ihn bereits von weitem kommen. Ihm ist es egal, wie sein Sohn aussieht. Es ist ihm egal, dass er weggegangen ist. Nur eines ist dem Vater wichtig: Sein Sohn ist wieder da. Der Vater drückt es folgendermaßen aus:

24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.

Wisst ihr: Genau das sind wir für Gott. Diese Worte aus V. 24 gelten heute noch: Mein Kind war tot und ist wieder lebendig geworden; es war verloren und ist gefunden worden. Sie gelten uns. Wir waren verloren und sind gefunden worden. Und: Es herrschte große Freude im Himmel, als wir uns zu Gott bekehrt haben.

Gott hat auch uns nach seinem Bild erschaffen. Er sieht uns an und sagt: Das habe ich sehr gut gemacht. Wir sind wertvoll in seinen Augen, sonst hätte er seinen Sohn nicht für uns geopfert. Die Liebe, die Gott zu uns hat, bestimmt unseren Wert. Wir müssen nicht von der Meinung anderer abhängig sein. Gott wollte von Anfang an Gemeinschaft zu uns, weil wir seine Kinder sind. Er hat uns nicht aufgegeben und wird uns nicht aufgeben. Er sehnt sich nach dieser Gemeinschaft mit uns. Wir sind das Wichtigste für Gott, unseren Vater. Und jetzt, wo wir zu ihm gehören, hat er einen Plan mit uns. Lasst uns danach streben, diesen Plan zu erfüllen. Mit Gottes Hilfe wird es uns gelingen.

Amen.