• Ladet eure Sorgen bei Gott ab, denn er sorgt für euch.

     

     

    Petrus 5,7

Leben/06.07.2014

„Dies ist der Tag, den der Herr macht.“, heißt es in Ps. 118, 24. Was bedeutet diese Aussage? Die Antwort scheint ganz einfach zu sein: Gott macht den heutigen Tag. Das beinhaltet gleichzeitig, dass er den gestrigen Tag gemacht hat und dass er auch den morgigen Tag machen wird. Ist das alles? Wenn die Antwort „Ja“ lautet, kann ich mit meiner Predigt enden und euch einen gesegneten Sonntag wünschen. Das werde ich, wie ihr euch denken könnt, nicht tun, denn es steckt mehr hinter dieser Aussage.

Der Schwerpunkt liegt auf dem heutigen Tag. Es geht nicht um den gestrigen und auch nicht um den morgigen Tag. Der Psalmist betont: Dies ist der Tag. Die Betonung liegt damit ganz bewusst auf dem heutigen Tag. Es geht somit um das Hier und Jetzt. Der Psalmist geht nicht auf das Gestern und auch nicht auf das Morgen ein. Im Vordergrund steht das Heute.

Was ist nun mit diesem Tag? Der Herr macht diesen Tag. Mir ist aufgefallen, dass es in der Luther- und Elberfelderübersetzung nicht heißt: Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat. Was ist der Unterschied zwischen machen und gemacht haben? Wenn Gott den Tag gemacht hat, ist er fertig damit. Sein Tun würde in diesem Fall bereits der Vergangenheit angehören. Es gibt nichts mehr hinzuzufügen. Wenn Gott den Tag macht, ist er jetzt gerade dabei. Jetzt, in diesem Moment, agiert er. Er greift in Lebenssituationen ein, er berührt Herzen, er verändert Herzen, er bewirkt Wunder u.v.m. Der Tag ist für Gott noch nicht vorbei. Er ist dabei, mit uns durch den Tag zu gehen. Er ist da – hier  und jetzt.

Gott ist präsent. Er ist auf den heutigen Tag konzentriert. Was ist mit uns? Sind wir präsent? Leben wir im Hier und Jetzt? Oder sind unsere Gedanken ganz woanders?

Dazu möchte ich eine Geschichte vorlesen:

Ein junger Witwer kam eines Tages nach Hause und fand sein Haus abgebrannt vor. Sein fünfjähriger Sohn war verschwunden. In der Nähe der Ruine seines Hauses lag der verkohlte Leichnam eines Kindes. Der Witwer weinte, weinte und weinte. Nach der Einäscherung des Kindes sammelte er die Asche in einen Beutel und trug ihn Tag und Nacht mit sich.

Doch sein Sohn war bei dem Hausbrand nicht umgekommen. Er war von Banditen entführt worden. Eines Tages entkam der Junge und kehrte zum Haus seines Vaters zurück. Der Sohn kam um Mitternacht an und klopfte an der Tür. „Wer bist du?“, fragte sein Vater. „Ich bin dein Sohn.“ – „Du lügst, mein Sohn starb vor mehr als drei Monaten.“

Der Vater beharrte auf seinem Unglauben und ließ die Tür verschlossen. Nach einer Weile ging der Sohn weg und der Vater verlor ihn für immer.

Welche Personen kommen in der Geschichte vor? Die Hauptperson ist ein Mann. Was wissen wir über ihn? Er ist Witwer. Er ist jung und hat einen Sohn, der fünf Jahre alt ist. Wie alt mag der Mann sein? Wir können es nur vermuten. Ich würde sagen, er wird noch keine 30 Jahre alt sein. Da er Witwer ist, ist seine Frau verstorben. Wann, wie und warum sie starb, wird uns nicht mitgeteilt. Aber eines wissen wir genau: Aus dieser Beziehung ist ihm sein Sohn geblieben. War ihm dieses Kind wichtig? Hatte er es lieb? Davon können wir ausgehen. Als er dachte, dass nun auch sein Sohn gestorben sei, konnte er nur noch weinen. Er wurde von seiner Trauer übermannt.

Doch es passiert ein Wunder. Der Junge, sein Junge, hat nichts mit der verkohlten Kinderleiche, die in der Nähe des Hauses gefunden wurde, zu tun. Nachdem der Junge drei Monate in Gefangenschaft war, konnte er sich befreien und eilte zu seinem Vater zurück. Wie lange er unterwegs war, wird nicht berichtet. Aber unabhängig von seiner Müdigkeit und der Erschöpfung, die der Weg mit sich gebracht haben mag, können wir davon ausgehen, dass der Junge voller Vorfreude und Glücksgefühlen war, als er um Mitternacht vor dem Haus des Vaters stand.

Es geschieht allerdings das Unfassbare. Der Vater öffnet seinem Sohn die Tür - nicht. Er lässt sich nicht einmal dazu bewegen, die Tür zu öffnen, um die Aussagen des Jungen mit eigenen Augen zu überprüfen. Für ihn ist es unvorstellbar, dass sein Junge leben könnte. Er hält das Ganze womöglich für einen blöden Streich. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Sohn nicht mehr lebt.

Die Geschichte endet damit, dass der Junge aufhört, an die Tür zu klopfen. Er hört auch auf, seinen Vater zu bitten, die Tür zu öffnen. Er hört auf, nach dem Weg zu dem Herzen seines Vaters zu suchen. Er hat gemerkt, dass die Versuche vergeblich sind, seinen Vater davon zu überzeugen, dass er dessen totgeglaubter Sohn ist. Ich bin dankbar dafür, dass unser himmlischer Vater anders ist. Er öffnet uns, wenn wir an die Tür klopfen. Er gibt, wenn wir bitten. Er lässt uns finden, wenn wir suchen.

Der Vater bleibt allein zurück, obwohl sein Sohn lebt. Er bleibt allein zurück, da er nicht bereit war, den Worten seines Sohnes Glauben zu schenken. Er vertraut einer Lüge und ist davon überzeugt, dass diese Lüge Wahrheit ist. Er hält an dieser Lüge fest, obwohl er die Möglichkeit hat, dies zu überprüfen. Er hätte nur die Tür für einen Moment zu öffnen brauchen, um die Wahrheit erkennen zu können. Die Tür seines Hauses und die Tür seines Herzens bleiben allerdings verschlossen.

Was können wir für uns aus dieser Geschichte lernen? Gibt es Situationen, wo es uns so geht wie diesem Vater? Gibt es Situationen, in denen wir nicht im Hier und Jetzt leben? Gibt es Situationen, in denen wir nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu akzeptieren, obwohl sie im gegenwärtigen Moment an die Tür unseres Herzens klopft?

Lügen haben Macht, das haben wir an unserer Geschichte gesehen. Wenn wir daran festhalten, binden wir uns an diese Lügen. Anstatt nach der Wahrheit zu suchen, vertrauen wir den Lügen. Lügen machen uns blind für die Wahrheit. Um was für Lügen kann es gehen? Es kann sich um ganz unterschiedliche Dinge handeln. Hier einige Beispiele:

• Eine Frau findet sich hässlich. Wenn sie sich im Spiegel betrachtet, entdeckt sie viele Dinge, die sie davon überzeugen, hässlich zu sein. Ihre Augen sind zu klein, ihre Nase ist zu groß, ihre Beine sind zu dick und ihre Finger zu kurz. Heutzutage boomt die Schönheitschirurgie. Viele Menschen lassen sich operieren, um einem Schönheitsideal nachzueifern, dem sie entsprechen möchten. Sie denken, nur hübsch sein zu können, wenn sie diesen Vorstellungen entsprechen.

Wir wissen, was die Bibel sagt: Ps. 139: Du bist wunderbar gemacht.

Es liegt an uns, ob wir den Worten der Bibel vertrauen oder den Lügen dieser Welt.

• Eine weitere Lüge ist, wenn wir denken, wir müssten dies oder jenes besitzen, um glücklich sein zu können. Wenn dies der Fall ist, machen wir uns von materiellen Dingen abhängig. Ich frage euch: Was sagt die Bibel dazu? Von wem sollen wir abhängig sein? Wem sollen wir vertrauen? Wir kennen die Antwort: Gott.

Vielleicht leben wir wie dieser Vater in der Vergangenheit. Kennt ihr diese quälenden Sätze, die mit dem Wort „wenn“ beginnen und mit „hätte“ weitergehen? Ich gebe euch ein paar Beispiele:

• „Wenn ich doch nur xy gesagt hätte, dass er dies oder jenes tun soll, dann … .“

• „Wenn ich doch nur auf das Geräusch am Auto geachtet hätte, dann wäre jetzt die Autorechnung nicht so teuer.“

• „Wenn ich einfach vorsichtiger gewesen wäre, dann… .“

• „Wenn ich doch nur gehorsam gewesen wäre, dann… .“

Helfen uns diese Selbstvorwürfe weiter? Nein! Warum helfen sie uns nicht weiter? Sie helfen uns nicht weiter, weil wir nicht mehr ändern können, was gestern, vorgestern, vor einer Woche, vor einem Jahr oder vor zehn Jahren passiert ist. Wir haben darüber keine Kontrolle. Ein gesagtes Wort können wir nicht zurücknehmen. Wir können nicht ungeschehen machen, was wir getan haben. Die Vergangenheit ist vorbei, sie hat keine Kraft. Die Vergangenheit bekommt allerdings Kraft, wenn wir uns daran klammern. In dem Moment, in dem Vergangenes ständig in unseren Gedanken kreist, sind wir von dieser gefangen. Die Vergangenheit hat uns im Griff. Sie bestimmt unser Denken und schränkt unseren Aktionismus im Hier und Jetzt immens ein. Wir nehmen nicht wahr, was um uns herum geschieht.

Ebenso hat die Zukunft keine Macht über uns. Wenn wir uns allerdings Sorgen machen, bekommt die Zukunft Macht über uns. Wir können für die Zukunft zwar Hoffnungen hegen, allerdings wissen wir nicht, wie Gottes Planung für uns aussieht.

Was uns zur Verfügung steht, ist der gegenwärtige Moment. Für diesen Moment schenkt uns Gott alles, was wir benötigen. Was benötigen wir? Was denkt ihr?

• Energie/ Kraft

• Humor

• Gottes Gnade

• Weisheit

• Liebe

• Freude

• Vertrauen

• usw.

Auch für das Leben in der Gegenwart benötigen wir Vertrauen. Wie meine ich das? Wenn ich nicht darauf vertraue, dass der jetzige Moment wichtig ist, lebe ich nicht im Hier und Jetzt. Wenn ich alles kontrollieren will, lebe ich in der Zukunft. Ich plane, organisiere, stimme Dinge aufeinander ab, damit sie so ablaufen, wie ich mir das vorstelle. Das Problem ist:

• Ich verpasse den gegenwärtigen Moment.

• Ich stecke sehr viel Zeit, Energie und Hoffnung in die Zukunft und bin enttäuscht, wenn sich meine Erwartungen nicht erfüllen.

Interessant ist, dass der Vers 24 in Ps. 118 weitergeht.

„Dies ist der Tag, den der Herr macht, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.“

Was sollen wir? Wir sollen uns freuen und fröhlich sein an ihm. Ich möchte die Aussagen des Bibelverses nochmals zusammenfassen: Gott macht den heutigen Tag und wir sind dazu aufgefordert, uns an diesem Tag und/ oder an Gott zu freuen und fröhlich zu sein. Und dies gilt für jeden neuen Tag. Das gilt auch für heute.

Ist diese Aussage realistisch? Können wir dieser Aufforderung immer nachkommen? Was ist das Problem? Wir können uns nicht immer freuen. Wir können nicht immer fröhlich sein. Es gibt Zeiten der Trauer. Es gibt Zeiten, in denen wir verzweifelt sind. Es gibt Zeiten, in denen wir das Gefühl haben, dass uns der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Gott weiß darum. Deshalb heißt es in Mt. 6,34:

Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

Was bedeutet das? Gott macht den Tag und dennoch bringt dieser Tage seine eigene Plage mit sich und trotzdem sollen wir uns freuen und fröhlich sein. Die Frage ist: Konzentrieren wir uns auf die Plagen des Tages oder auf die Zusagen und Verheißungen Gottes. Dazu ist es wichtig, diese zu kennen.

Natürlich ist es ärgerlich, wenn das Auto kaputt geht und wir nicht wissen, wie wir die Rechnung bezahlen sollen. Gott sagt ebenfalls in Mt. 6,34, dass wir uns keine Sorgen machen sollen, was der morgige Tag bringt, wenn wir das Auto abholen. Gott sagt uns zu, uns zu versorgen. In Lk. 11,3 steht: Unser tägliches Brot gib uns Tag für Tag.

Auch wenn Plagen kommen, Gott sorgt für uns. Glauben wir das? Vertrauen wir darauf? Die Israeliten konnten während der Zeit in der Wüste nichts zu essen finden. Gott sandte aber jeden Tag Manna. Sie mussten keinen Vorrat für  den nächsten Tag anhäufen, sondern durften darauf vertrauen, dass es auch am anderen Tag himmlisches Manna gab. Diejenigen, die es für den nächsten Tag eingesammelt haben, haben erlebt, dass es am anderen Tag nicht mehr genießbar war. Als die Israeliten unzufrieden über das Manna wurden, gab Gott ihnen Wachteln dazu. Hätte er das tun müssen? Nein! Die Israeliten wären vom Manna satt geworden. Gott liebt uns aber so sehr, dass er sogar zusätzliche Bedürfnisse stillt.

Ich möchte uns ermutigen, im Hier und Jetzt zu leben und jeden Augenblick, den wir erleben, zu genießen. Wenn wir bewusst leben, öffnet sich die Welt für die Überraschungen und Wunder des Augenblicks. Nur dann entdecken wir das Lächeln des anderen, die strahlend leuchtende Blume am Wegesrand. Horaz sagte einmal: Ergreife den Tag. Es liegt an uns, ob wir mit offenen Augen durch die Welt gehen und die Augenblicke wahrnehmen, die uns Gott zum Segen bereitet hat, oder ob wir voller Gram in der Vergangenheit leben, an Lügen festhalten oder sorgenvoll in die Zukunft blicken. Wir haben nur Einfluss auf diesen Augenblick. Es liegt an uns, was wir daraus machen.

Gott möchte unser Herz erreichen. Es heißt in Hebr. 4,7:

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.

Enden möchte ich mit einer Zusage Gottes aus 2.Kor. 4,16:

Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.