• Ladet eure Sorgen bei Gott ab, denn er sorgt für euch.

     

     

    Petrus 5,7

Umgang mit Konflikten 22.05.16

 

 

Die Blinden und der Elefant

Es waren einmal fünf weise Gelehrte. Sie alle waren blind. Diese Gelehrten wurden von ihrem König auf eine Reise geschickt und sollten herausfinden, was ein Elefant ist. Und so machten sich die Blinden auf die Reise nach Indien. Dort wurden sie von Helfern zu einem Elefanten geführt. Die fünf Gelehrten standen nun um das Tier herum und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.

Als sie zurück zu ihrem König kamen, sollten sie ihm nun über den Elefanten berichten. Der erste Weise hatte am Kopf des Tieres gestanden und den Rüssel betastet. Er sprach: "Ein Elefant ist wie ein langer Arm." Der zweite Gelehrte hatte das Ohr des Elefanten ertastet und sprach: "Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer Fächer." Der dritte Gelehrte sprach: "Aber nein, ein Elefant ist wie eine dicke Säule." Er hatte ein Bein des Elefanten berührt. Der vierte Weise sagte: "Also ich finde, ein Elefant ist wie eine kleine Strippe mit ein paar Haaren am Ende", denn er hatte nur den Schwanz des Elefanten ertastet. Und der fünfte Weise berichtete seinem König: " Also ich sage, ein Elefant ist wie eine riesige Masse, mit Rundungen und ein paar Borsten darauf." Dieser Gelehrte hatte den Rumpf des Tieres berührt.

Nach diesen widersprüchlichen Äußerungen fürchteten die Gelehrten den Zorn des Königs, konnten sie sich doch nicht darauf einigen, was ein Elefant wirklich ist. Doch der König lächelte weise: "Ich danke Euch, denn ich weiß nun, was ein Elefant ist: Ein Elefant ist ein Tier mit einem Rüssel, der wie ein langer Arm ist, mit Ohren, die wie Fächer sind, mit Beinen, die wie starke Säulen sind, mit einem Schwanz, der einer kleinen Strippe mit ein paar Haaren daran gleicht und mit einem Rumpf, der wie eine große Masse mit Rundungen und ein paar Borsten ist."

Die Gelehrten senkten beschämt ihren Kopf, nachdem sie erkannten, dass jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten ertastet hatte und sie sich zu schnell damit zufrieden gegeben hatten.

Geht es uns nicht immer wieder so wie diesen Blinden. Diese Blinden waren weise. Das bedeutet doch, dass sie sehr klug und verständig waren. Trotz ihrer körperlichen Blindheit waren sie in der Lage, Dinge zu erfassen. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte sie der König nicht in seinen Dienst genommen. Wo lag nun das Problem bei ihrem Auftrag, dem König zu erklären, was ein Elefant ist? Sie haben nicht zusammengearbeitet. Jeder hat für sich den Elefant untersucht, indem er ihn betastet hat. Auch das wäre nicht zum Problem geworden, wenn jeder diese Aufgabe vollständig ausgeführt hätte. Doch jeder hat nur ein Körperteil des Elefanten untersucht und seine Schlüsse daraus gezogen. Wir können davon ausgehen, dass sie bei ihrer Rückkehr mit ihrer Arbeit zufrieden waren. Stolz berichtete jeder, wie er den Elefanten sah. Sie scheinen daraufhin wegen ihren widersprüchlichen Aussagen in Streit geraten zu sein. Das schließe ich daraus, dass sie sich nicht einigen konnten, was ein Elefant wirklich ist. Wir lesen weiter, dass sie deswegen den Zorn des Königs fürchteten. Sie haben nicht damit gerechnet, dass der König ebenfalls ein weiser Mann war. Erst als dieser ihnen das Erscheinungsbild des Elefanten erklärte, erkannten sie ihr Problem. Und sie schämten sich.

Wie oft denken wir, wir haben Recht? Wie oft geraten wir in einen Konflikt, weil wir uns im Recht fühlen? Wie oft versuchen wir, unseren Kopf durchzusetzen? Es scheint uns Menschen sehr wichtig zu sein, dass wir Recht bekommen, wenn wir uns im Recht fühlen. Wir nehmen dafür sogar Konflikte in Kauf.

Konflikte entstehen allerdings nicht nur, wenn wir uns im Recht fühlen. Sie können auch aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen hervorgerufen werden. Trotz gleicher Ziele können die Vorstellungen der Umsetzung und die damit verbundenen Erwartungen sehr verschieden sein. Ein banales Beispiel dafür ist, dass ein Ehepaar ein gemeinsames Urlaubsziel beschlossen hat. Allerdings beginnen nun die Probleme: Der eine möchte ein Fünf-Sterne-Hotel, der andere möchte ein abgelegenes Ferienhaus buchen. Der eine möchte jeden Tag durchgeplant haben, der andere möchte spontan vor Ort etwas unternehmen, falls er überhaupt aus dem Liegestuhl kommt.

Bzgl. Arbeitsaufteilung kann es ebenfalls zu Konflikten kommen. Hierzu folgende Geschichte: Jemand oder niemand?

Das ist eine kleine Geschichte über vier Kollegen namens JEDER, JEMAND, IRGENDJEMAND und NIEMAND.

Es ging darum, eine wichtige Arbeit zu erledigen und JEDER war sicher, dass sich JEMAND darum kümmert. IRGENDJEMAND hätte es tun können, aber NIEMAND tat es.

JEMAND wurde wütend, weil es JEDER´S Arbeit war. JEDER dachte, IRGENDJEMAND könnte es machen, aber NIEMAND wusste, dass JEDER es nicht tun würde.

Schließlich beschuldigte JEDER JEMAND, weil NIEMAND tat, was IRGENDJEMAND hätte tun können.

(Autor unbekannt)

Wie oft verhalten wir uns wie dieser JEDER, der sich sicher war, dass sich ein anderer um die wichtige Arbeit kümmert, sich im Nachhinein darüber ärgert und wütend wird, dass sie nicht getan wurde und dann andere wegen des Versäumnisses beschuldigt?

Konflikte treten immer dann auf, wenn bspw. unterschiedliche Interessen vorliegen oder ein Mangel an Informationen herrscht. Die Ziele und der Wissenstand können somit unterschiedlich sein, so dass in Diskussionen aneinander vorbei geredet wird, weil die gemeinsame Basis fehlt. Verschiedene Vorstellungen über Ziele oder Erwartungen können dazu führen, dass eine Einigung und ein gegenseitiges Verständnis unmöglich scheinen. Enttäuschungen sind vorprogrammiert und verursachen eine Distanz zwischen Menschen.

Wenn wir in die Bibel schauen, stellen wir fest, dass es ein Buch ist, in dem sehr viele Konflikte beschrieben werden. Wir finden allerdings – und das ist wichtiger – sehr viel darüber, wie mit Konflikten umgegangen werden soll.

Sogar die Jünger hatten ihre Konflikte miteinander. Dabei ging es häufig um ihre Stellung untereinander.

Mt. 18

1 Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist doch der Größte im Himmelreich?

2 Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie

3 und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.

4 Wer nun sich selbst erniedrigt und wird wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.

5 Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.

Mt. 20

20 Da trat zu ihm die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen, fiel vor ihm nieder und wollte ihn um etwas bitten.

21 …. Sie sprach ..: Lass diese meine beiden Söhne sitzen in deinem Reich, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken.

24 Als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über die zwei Brüder.

25 Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun.

26 So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener;  

27 und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht,

28 so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.

Beim letzten Abendmahl gerieten sie erneut in Streit miteinander um diese Frage.

Lk. 22,24: Es erhob sich auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte gelten solle.

Interessant dabei ist, dass ihnen Jesus zuvor als Vorbild gedient hat, wie sie miteinander umgehen sollen. Zur damaligen Zeit bekam der Geringste einer Gruppe die Aufgabe, den anderen vor einem Mahl die Füße zu waschen. Was tun die Jünger? Sie streiten nicht darum. Sie bewegen sich aber auch nicht. Jeder scheint zu hoffen, dass der andere aufsteht, um diese Aufgabe zu übernehmen. Keiner will als der Geringste gelten. Aber keiner der Jünger ist dazu bereit. Jesus ist derjenige der diese Aufgabe übernimmt.

Joh. 13

12 …Wisst ihr, was ich euch getan habe?

13 Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht, denn ich bin's auch. 14 Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen.

15 Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe. 16 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr und der Apostel nicht größer als der, der ihn gesandt hat.

17 Wenn ihr dies wisst - selig seid ihr, wenn ihr's tut.

Jesus hat ihnen somit klar aufgezeigt, wie sie miteinander umgehen sollen. Zudem haben sie ihn drei Jahre begleitet – und dennoch streiten sie immer noch miteinander um ihren Rang in der Gemeinschaft. Es entsteht der Eindruck, sie seien auf diesem Gebiet nicht lernfähig.

Jesus hat ihnen somit das Prinzip des Dienens gelehrt – immer und immer wieder. Und auch wir sind aufgefordert, einander zu dienen. Wir dienen einander allerdings nicht, wenn wir einander kritisieren, mit Skepsis begegnen, tadeln, schelten, rügen, nörgeln, klagen oder Beckmesserei (kleinliche, pedantische Kritik) betreiben. Es gibt allerdings eine Sache, die wir sehr häufig in der Bibel finden: Ermahnung. Es gibt zwei griechische Worte dafür:

·         Parakalein ist verwandt mit dem Wort parakletos, das sehr häufig für den Heiligen Geist verwendet wird und das Tröster oder Beistand bedeutet. Dies macht deutlich, wie Ermahnung erfolgen und was es bewirken soll: Beistand, Ermutigung und Trost. Ermahnung ist nicht Kritik und Kritik ist nicht Ermahnung.

·         Das andere griechische Wort, das meist mit "ermahnen" übersetzt wird, heißt "noutheteo" und bedeutet: mit Worten anweisen, warnen, zurechtweisen, ermahnen.

Beide Bedeutungen haben sehr positive Aspekte. Die Ermahnung hat zum Ziel, jeden Menschen in Christus vollkommen darzustellen.

Kol.1, 28: Den verkündigen wir und ermahnen alle Menschen und lehren alle Menschen in aller Weisheit, damit wir einen jeden Menschen in Christus vollkommen machen.

Gibt es eine Voraussetzung, um jemanden zu ermahnen?

Röm.15, 14: Ich bin aber, meine Brüder, auch selbst im Blick auf euch überzeugt, dass auch ihr selbst voll Güte seid, erfüllt mit aller Erkenntnis, fähig, auch einander zu ermahnen.

Wir sollen also voller Güte sein und erfüllt mit Erkenntnis sein. Wenn wir nur in der  Erkenntnis handeln und die Güte beiseitelassen, können wir damit den anderen "überfahren". Eine solche Ermahnung ist lieblos. Eine Ermahnung, die nur von Güte geleitet ist, aber ohne Erkenntnis ist, nützt dem anderen nichts. Die Worte sind zwar lieb gemeint, aber inhaltslos.

Ermahnungen sind wertvoll. Dies zeigen folgende Bibelstellen:

Spr.6, 23: Ein Weg zum Leben sind Ermahnungen der Zucht.

Spr.12, 1: Wer Ermahnung hasst, ist dumm.

Wer Ermahnung ablehnt, verwirft ein Werkzeug, das Gott zu seiner Zurechtbringung und Förderung in die Gemeinde gegeben hat. Ermahnung ist wichtig, muss aber in Sanftmut und Liebe erfolgen.

Röm.12, 8: Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er,..

Ermahnung ist somit ein Dienst. Dieser Dienst ist nicht leicht. Doch er ist wertvoll, um Korrektur und geistliches Wachstum zu ermöglichen und um Konflikte zu vermeiden. Wir dürfen allerdings die Voraussetzungen nicht aus dem Auge verlieren. Volle Güte und Erkenntnis sind erforderlich. Beides erlangen wir nur durch den Heiligen Geist. Ohne ihn sollten wir davon absehen, andere ermahnen zu wollen, da wir sonst in der Gefahr stehen, fleischlich zu agieren.

Ermahnung anzunehmen ist nicht einfach. Dies zeigt

Hebr.13, 22: Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, nehmt dies Wort der Ermahnung an;…

Konflikte werden sich nicht immer vermeiden lassen. Wir haben gesehen, dass sogar die Jünger damit zu kämpfen hatten. Doch wenn wir unseren Blick von uns weg auf Gott richten und ihn bitten, uns Weisheit, Erkenntnis und volle Güte zu schenken, werden wir in der Lage sein, nicht nur zu ermahnen, sondern auch Ermahnung anzunehmen. Zu beachten ist, dass Ermahnung und Zurechtweisung erst einmal eine Sache zwischen dem, der ermahnt, und dem, der ermahnt wird, sein sollte. Wird eine Ermahnung öffentlich vorgetragen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sie von unserem Gegenüber erst einmal nicht angenommen werden kann, da bei diesem ein Gefühl von öffentlicher Demütigung entstehen kann. Ermahnung soll konstruktiv sein, damit der andere im Glauben wachsen kann und nicht den Mut verliert.

Gott schenke euch Weisheit, Erkenntnis und volle Güte. Er segne euch.

"Mit Adleraugen sehen wir die Fehler anderer, mit Maulwurfsaugen unsere eigenen."

Zitat: Franz von Sales

"Sage nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst!"

Zitat: Matthias Claudius